Frauen in Mesoamerika
In Wacken interessiert es uns wenig, ob die Metalheads links und rechts von uns männlich, weibblich oder divers sind. Und auch auf unseren Bühnen tummeln sich in einem frühereher männerdominierten Genre immer mehr Damen. Richtig so, auf die Riffs kommt es an. Aber wie war das bei den Völkern Mesoamerikas, die ja als Paten für die diesjährige Ausgabe der Musikfestivität fungieren?
In antiken Zeiten gab es in den unterschiedlichen Hochkulturen viele verschiedene Sichtweisen auf Frauen: Im Alten Ägypten verfügten sie zeitweise über ähnliche Rechte wie Männer, regierten teilweise als Königinnen. Im römischen Reich hingegen galt für „feminae“ ein strenger gesellschaftlicher Kodex, der sie effektiv zu Figuren in den politischen Schachzügen ihrer Väter und Ehemänner machte. Die Wikinger wiederum schickten ihre Frauen gar in den Kampf, während sie im antiken Griechenland oft kaum am gesellschaftlichen Leben teilnehmen durften. Aber wie ging es diesbezüglich in den mächtigen Reichen der Maya und Azteken zu?
Maya
Zunächst sollten wir erwähnen, dass über die Maya (die es ja so gar nicht gab; diesen Oberbegriff nutzen wir der Einfachheit halber, er fasst aber verschiedene Völker zusammen) immer wieder neue Erkenntnisse ans Licht kommen. Lange ging man zum Beispiel davon aus, dass die Stämme friedlich miteinander lebten; mittlerweile wissen wir jedoch, dass sie eher auf Blutrache statt Blumenkränze standen: Ganze Städte löschten sie aus und trugen so langfristig zum Untergang der eigenen, einst mächtigen Zivilisation bei. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch hinsichtlich der Stellung der Frau bei den Maya. Galt der männliche Teil der Bevölkerung stets als tonangebend, fanden Forscher inzwischen Nachweise für eine etwas komplexere Gesellschaftsstruktur.
In einer Kultur geprägt von Aberglaube und der vermeintlichen Gnade der Götter verehrte man Mütter und Ehefrauen besonders als Hoffnungsträger in Sachen Fortpflanzung, Mädchen dienten auch als Orakel-Priesterinnen. Zeitgleich spielten sie eine wichtige Rolle im Schließen von politischen Allianzen, die man durch Hochzeiten zementierte. Forscher fanden zudem Hinweise, dass manche Stämme in grausamer Tradition die schwangeren Töchter verfeindeter Herrscher ermordeten, um ihre Macht zu demonstrieren. Klingt erstmal so, als hätten Frauen insgesamt nicht gerade viel Mitspracherecht genossen.
Umso interessanter, dass zahlreiche Stelen (Pfeiler aus Kalkstein, auf denen die Maya wichtige Personen oder Gottheiten abbildeten - exakt wie in unserem Artwork) auch auf Regentinnen und gar Kriegerinnen hinweisen. Frauen zeigten sich außerdem verantwortlich für die Textilproduktion der Stadtstaaten im Maya-Reich und leisteten dadurch einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg der Hochkultur, bestellten zudem Felder und hüteten Vieh.
Azteken
Die Azteken sahen für ihre Frauen eine eher konservative, aber dennoch flexible Position innerhalb der Gesellschaft vor. Irgendwer musste sich schließlich während der voranschreitenden Militarisierung der Völker um die Versorgung kümmern, während die Kerle brandschatzten. Den Zutritt ins Militär und die damit verbundenen Reichtümer verwehrte man ihnen daher. Die Vor- und Zubereitung des Grundnahrungsmittels Mais sowie andere häusliche Pflichten fielen zudem in den Zuständigkeitsbereich der verheirateten Aztekinnen.
Ihre Verehrung für Mütter und Frauen als Zukunft der Bevölkerung äußerten diese Bewohner Mesoamerikas jedoch besonders ausgeprägt. So kam es auch, dass Hebammen verhältnismäßig hohes Ansehen genossen. Litt eine werdende Mutter bei der Geburt, so bewertete man das gar wie einen Beitrag zum Krieg; verstarb sie dabei, so ehrte man sie wie einen gefallenen Soldaten. Neben der schon bei den Maya üblichen Arbeit im Textilbereich und den Pflichten im Haushalt konnten die Ladys der Azteken sogar den Beruf der Heilerin ausüben und andere Karrieren anstreben. Dazu zählte übrigens auch die Prostitution, die in dieser Gesellschaft laut Überlieferungen nicht als verwerflich, sondern ehrenhaft galt.
Text: Victoria Schaffrath