< PreviousWie viele andere moderne Metal-Bands nehmt ihr Einflüsse aus Genres wie Pop, Ambient oder R&B auf und durchbrecht damit die Erwartungen, was Metal sein kann. Mike Stringer: Das passiert nur deshalb, weil wir Musik so lieben. Wir hören so viele verschiedene Richtungen! Courtney liebt Metal, aber sie lässt sich von so ziemlich allem inspirieren. Was mich betrifft, höre ich in letzter Zeit eher ganz andere Musik, insbesondere, wenn ich schreibe, um verschiedene Inspirationen von außen zu bekommen. Welche Nicht-Metal- Acts hast du dir in letzter Zeit angehört? Mike Stringer: Das reicht von Coldplay über Kendrick Lamar bis zu Taylor Swift –alles dabei. Die Sache ist die: Wenn du Musik schreibst und Gitarre spielst, gibt es in jedem Musikstil etwas zu entdecken. Man muss nur genau hinhören, und das sollte man bei allem Möglichen tun. Es gibt so viele Produktionstechniken und so viele coole Momente in anderen Genres, dass ich das Gefühl habe, man würde etwas verpassen, wenn man das nicht beachtet. Glaubst du, dass es dem Metal an Offenheit gegenüber anderen Einflüssen gefehlt hat? Mike Stringer: Wir befinden uns gerade an einem Punkt, an dem Metal und Rock oft mit anderen Genres gemischt werden, und es ist immer interessant zu sehen, wie ehrlich diese Vermischungen sind. Zum einen gibt es etwas, das ich ‚react core‘ nenne: Dabei stopfen manche Leute Dinge in ihre Musik, nur um ein YouTube- Thumbnail zu bekommen. Das sieht man schon von Weitem, und es nervt. Genau das Gegenteil davon sind Leute, die einen Stil nutzen, weil sie ihn wirklich verehren und genau deshalb auf ihrem Album haben wollen. Wäre es auch mit jemand anderem als deiner Frau Courtney möglich, genau die Musik zu machen, die du machen willst? Mike Stringer: Schwer zu sagen, denn diese Band bestand bisher in erster Linie aus ihr und mir. Das kam daher, dass wir auf einer Insel lebten und es sonst niemanden gab, mit dem wir hätten zusammenarbeiten können. Also haben wir die Dinge selbst in die Hand genommen. Unsere ersten Platten haben wir im Keller meiner Eltern aufgenommen und an unseren Produzenten geschickt. Ist es nicht manchmal schwierig, Privatleben und Beruf so eng miteinander zu verknüpfen? Mike Stringer: Ich würde es eher als interessant bezeichnen. Darin steckt eine andere Dynamik, als die meisten Leute es gewohnt sind. Darauf angesprochen, sage ich immer, wie sehr ich es liebe und wie toll es ist. Manchmal höre ich dann von anderen, dass sie sich nicht vorstellen können, mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner zusammenzuarbeiten. Aber ich finde, dass man das eigentlich wollen sollte. Ich habe Courtney 2008 auf einem Konzert kennengelernt, wir haben uns zunächst angefreundet und waren später für kurze Zeit bei Iwrestledabearonce. Als das vorbei war, haben wir Spiritbox gegründet. Das war unser Weg seitdem, und es funktioniert großartig. Wie ist es, als Ehepaar zu touren? Mike Stringer: Es ist das Beste! Ich muss niemanden zu Hause lassen. Unsere Bandmitglieder Josh [Gilbert, Bass] und Zev [Rose, Schlagzeug] haben beide Partnerinnen, von denen sie auf Tour getrennt sind. Das kann sehr schwierig sein. Ich genieße das Beste aus allen Welten, was sehr selten ist. Darüber bin ich sehr glücklich! Du hast einmal versprochen, Courtney einen Hund zu Fotos: Alex Bemis, Jonathan Weiner, Phoebe Fox „Power couple“: Seit acht Jahren sind Mike (rechts) und Courtney (Mitte) verheiratet, vor sieben Jahren gründeten sie die Bandbesorgen, wenn ihr für einen Grammy nominiert werdet… Mike Stringer: Und das ist auch passiert! Ihr Name ist Spaghetti, sie ist ein Mini- Bernedoodle. Unser Leben hat sich völlig verändert: Sie weckt uns jeden Tag um 6:30 Uhr auf, weil sich ihre innere Uhr einfach nicht ändern lässt. Sie weil ich ehrlich gesagt niemals erwartet hätte, nominiert zu werden. Habt ihr vor, Spaghetti mit auf Tour zu nehmen? Mike Stringer: Ja, tatsächlich. Sie wird nicht mit nach Europa kommen, dafür ist sie noch zu jung. Aber sie soll ein Tourhund werden! Sie ist unser erster gemeinsamer Hund. Courtney hat in ihrem Leben schon eine Menge Hunde großgezogen, ich hatte bisher nicht das Glück. Ich finde es großartig! Als wir darüber sprachen, uns endlich einen Hund anzuschaffen, wenn wir eine Grammy- Nominierung bekommen, habe ich einfach zugestimmt, ist sehr entspannt, wenn es um laute Geräusche geht. Wenn eine Sirene oder ähnliches ertönt, bellt sie nicht. Ich denke, dass es ihr nichts ausmachen würde, mit uns unterwegs zu sein, mit den Busgeräuschen und der Band im Allgemeinen. Die Vorstellung, meine ganze Familie auf Tour dabei zu haben, macht mich sehr glücklich. DIE DOSENMATROSEN SIND ZURÜCK! Bereits 2022 haben die Dosenmatrosen tausende durstige Metalheads mit gekühlten Dosengetränken und Eiswürfeln auf dem W:O:A: Farmers Market versorgt und begeistert! Ab dem 28.06.2024 kann dieses Jahr wieder Click & Collect genutzt werden. Einfach Getränke bei den Dosenmatrosen online vorbestellen und auf dem W:O:A Farmers Market abholen.Von Timon Menge elche Band hat es ge- schafft und darf in diesem Jahr die Reise zum Holy Ground antreten? In 22 von 30 Regionen sind die Entscheide dazu bei Redak- tionsschluss bereits gefallen. Wir erzählen euch, welche happy Heavy-Metal-Nachwuchsbands sich den Bühnenslot erspielen konnten und werfen einen ge- naueren Blick auf drei besondere Metal-Battle-Gebiete. 3. Mai 2024, Dschidda. Die Metal-Szene von Saudi-Ara- bien ist nicht groß, aber heute versammelt sie sich an einem Ort: Im Makan Music Center findet der erste saudi-arabische Vorentscheid für den Wacken Metal Battle statt, den weltgröß- ten internationalen Nachwuchs- wettbewerb für harte Musik. Mit dabei: Salman U. Syed, Indiens W:O:A-Botschafter. „Die Atmo- sphäre war großartig“, berichtet er später. „Es lag spürbar Vorfreude in der Luft.“ Fans und Musiker wa- ren gleichermaßen stolz darauf, dass der Metal Battle nun auch in ihrem Land vertreten ist. Syed er- gänzt: „Für Saudi-Arabien bedeu- ten solche Veranstaltungen einen Wandel von den traditionellen Wurzeln hin zu einer moderneren und integrativeren Gesellschaft.“ Saudi-Arabien gehört zur Re- gion „Middle East“, zu der auch die Länder Ägypten, Jordanien und Libanon zählen. Veranstal- terin Monika Bremer stammt ei- gentlich aus Deutschland, kennt sich im Nahen Osten allerdings bestens aus und erklärt, was in Saudi-Arabien ein bisschen an- ders läuft als sonst: „Es gibt hier wenig Venues und vor allem kei- ne Bars. Das liegt daran, dass hier wirklich überhaupt kein Alko- hol erhältlich ist, im Gegensatz zu muslimischen Urlaubslän- dern wie Ägypten.“ Als Austra- gungsorte stünden deshalb nur Schul- und Universitätsbühnen, Musikzentren oder Hotels zur Verfügung. Es gibt aber eine rege Szene, berichtet Bremer: „Wenn Metallica in Saudi-Arabien auf- treten, reisen Metal-Fans aus dem ganzen Land an.“ Gewonnen haben den Vorent- scheid die Melodic-Deather Was- ted Land aus Saudi-Arabien. „Ihr Auftritt war eine Mischung aus technischem Können und puren Emotionen“, schwärmt Salman U. Syed. Der Sieg von Wasted Land zeigt in seinen Augen auch, welches Potenzial in dieser recht jungen Metalszene steckt. Auch in und um Südafri- ka fand der Wacken Me- tal Battle ein Zuhause. Dort kümmert sich seit 2017 Sash- Es gibt immer noch erste Male 20 Jahre Wacken Metal Battle Bei der Premiere des Metal Battle in Saudi-Arabien kamen die Fans der härteren Musik in der Hafenstadt Dschidda zusammen. Promoterin Monika Bremer (Kreis) begrüßte die Gäste Die Gewinner Wasted LandIm Club Sognage in Johannesburg war die Stimmung einfach großartig, als hunderte Metal-Fans ihre Szene feierten. Promoterin Sashquita Northey (Kreis) kümmert sich seit 2017 um den Regionalentscheid Sunken State konnten den Vorentscheid für sich entscheidenquita Northey um den Regional- entscheid „Sub-Saharan Afri- ca“, an dem Südafrika, Angola, Kenia, Botswana, Mosambik und seit diesem Jahr Namibia teilnehmen. Dabei hat sie vor allem mit logistischen Hürden zu kämpfen: „Die Länder sind groß, und man ist sehr weit von- einander entfernt, vor allem, was Angola und Kenia betrifft“, erklärt Northey. „Eine unserer größten Herausforderungen liegt darin, alle Bands zur Fi- nalrunde nach Südafrika zu be- kommen. Da können die Flug- kosten schonmal höher sein, aber wir bekommen zum Glück eine Menge Unterstützung vom Wacken-Team.“ Und so wurde vor Ort eine großartige Metal- Party samt Vorentscheid gefei- ert, den in diesem Jahr Sunken State aus Südafrika gewinnen konnten, die nun Ende Juli zum W:O:A reisen. Poseydon (Belgien) Beguiler (Kanada) Black Tooth (Kaukasus- Republiken & Türkei) Fleshless Entity (Zentralamerika) Five Penalties (China) Junkwolvz (Griechenland) Türböwitch (Ungarn) Kasck (Indien) Rain (Italien) Paramena (Japan) Griefgod (Litauen) Æonik (Luxemburg) Wasted Land (Naher Osten) Inherited (Niederlande) Tessia (Norwegen) Aquilla (Polen) Voidwoomb (Portugal) Doomsday Astronaut (Rumänien & Republik Moldau) Etterna (Slowakei) Sunken State (Südliches Afrika) INFO (Südamerika, nördlicher Teil) Karabiner (Ukraine) Frankreich, Indonesien, Irland, Philippinen, USA, Österreich, Dänemark und Deutschland In der Ukraine sorgt seit Fe- bruar 2022 der Krieg nach dem russischen Angriff für erschwerte Bedingungen. „Es ist umständlicher geworden, über die Grenzen zu kommen“, erklärt uns Veranstalter Ana- toliy Kondyuk, der sich vor Jah- ren per Bewerbungsschreiben als Ausrichter des Wacken Me- tal Battle Ukraine empfohlen hatte. Doch die Metal-Bands im Land lassen sich nicht ent- mutigen. „Es fiel den Juroren schwer, einen Gewinner aus- zusuchen“, berichtet Kondyuk, begeistert von der hohen Quali- tät der ukrainischen Gruppen. Das Rennen machten am Ende Karabiner. „Sie sind jung, aber sehr talentiert und technisch versiert.“ Die Band verfügt so- gar bereits über eine Fanbase in Europa, unter anderem durch Festivalauftritte. „Ich hoffe, sie zeigen sich in Wacken von ihrer besten Seite!“ Das 20-jährige Jubilä- um des Wacken Metal Battle feiern die Ver- anstalter dieses Jahr mit allen teilnehmen- den Bands, aber auch mit alten Freunden. So werden an zwei Tagen des W:O:A ehemalige Metal-Batt- le-Wettbewerber auftreten, wie zum Beispiel Source Of Rage (Deutschland-Gewinner 2019), Archaic (Ungarn-Ge- winner 2019), Jet Jaguar (Me- xiko- und internationaler Ge- winner 2017) und Varang Nord (Lettland- und internationaler Gewinner 2019), die am Wa- cken-Dienstag im Landgasthof ein Metal Battle Special zum Besten geben. Am Mittwoch werden die WET Stage und die Headbangers Stage erstmalig komplett dem Metal Battle ge- widmet sein. Denn wie könnte man das Jubiläum des Band- wettbewerbs besser feiern als mit einer Premiere? Trotz schwieriger Umstände feierten die Metaller die Nachwuchsbands ihres Landes beim Vorentscheid. Promoter Anatoliy Kondyuk (Kreis) lobte die großartigen Teilnehmer und freute sich mit den Gewinnern Karabiner (Foto oben) Fotos: Wacken Metal BattleSEASIDE ENTERTAINMENT PROUDLY PRESENTS„Bringt alle ein gelbes Shirt mit zur Show! Peter Tägtgren über das neue Pain-Album, seine mentale Superkraft und den anstehenden Gig auf dem W:O:A Von Celia Woitas eter Tägtgren arbei- tet schon seit langem an verschiedenen musika- lischen Projekten. Das neu- este Werk „I Am“ seiner Band Pain verbindet Metal ein- mal mehr mit Industrial. Im Sommer wird der 54-jährige Multiinstrumentalist und Produzent mit Pain erneut den Holy Ground in Wacken betreten. Für das Interview mit The Bullhead erreichen wir Tägtgren in seinem Abyss Studio in Schweden, in dem er hauptsächlich arbeitet. Hey Peter, kannst du uns ein wenig über dein Studio erzählen? Peter Tägtgren: Es ist schön ruhig, und man kann den See draußen sehen. Seit 1994 wohne ich hier, seitdem arbeite ich eigentlich auch immer in diesem Studio. Es gab nur eine Ausnahme, als ich einmal vier Tage lang in einem Studio Einer für alles: Peter Tägtgren ist Multiinstrumentalist, Komponist und Produzent und arbeitet meist an mehreren Projekten gleichzeitigin L.A. aufgenommen habe. Das klingt zwar ein bisschen seltsam, aber dieser Ort hier beruhigt mich, und das hilft mir sehr. Ich stelle meinen Wecker immer auf neun Uhr morgens, ganz egal, ob ich am Vorabend um zwei, drei oder vier ins Bett gegangen bin. Ich versuche, aufzustehen und ins Studio zu gehen und entweder altes Zeug zu hören oder an ein paar neuen Ideen zu arbeiten. Demnächst müssen wir anfangen, für die Festivals zu proben, dann wird der Fokus viel mehr auf den Livesachen liegen. Du bist mit Pain und Hypocrisy schon mehrmals beim W:O:A aufgetreten. Gibt es eine bestimmte Erinnerung, die dir zu dem Festival direkt in den Sinn kommt? Peter Tägtgren: Ja, natürlich. Mit Hypocrisy haben wir dem W:O:A ein Album gewidmet: „Hypocrisy Destroys Wacken“. Ich glaube, es war 1998, da haben wir in einem Zelt gespielt. Das war unglaublich! Immer, wenn wir in Wacken auf die Bühne gehen, haben wir Spaß – und das Publikum ebenso. Gibt es etwas, was das Wacken Open Air für dich zu etwas Besonderem macht? Peter Tägtgren: Es ist immer noch das größte reine Metal-Festival, das ich kenne, und das schon seit langem. Es ist also das Nonplusultra, das Disney World des Metal sozusagen (lacht). Was plant ihr für euer diesjähriges Set mit Pain? Was können die Fans erwarten? Peter Tägtgren: Was wir zurzeit machen beziehungsweise auch schon in den letzten paar Jahren gemacht haben: Wir beziehen das Publikum wirklich mit ein und setzen ein paar coole Sachen um. Es wird also mit Sicherheit einige Besonderheiten geben. Anstatt eine Stunde lang das gleiche Gefühl zu vermitteln, versuchen wir, hier und da ein wenig Abwechslung zu schaffen. Das funktioniert gut. Mal sehen, was passiert! Und für alle, die sich die Show ansehen: Bringt ein gelbes T-Shirt mit! Gibt es etwas, das du vor jedem Festivalauftritt tust? Peter Tägtgren: Ich muss vor einem Konzert immer pinkeln! Das ist das Letzte, was ich mache, bevor ich auf die Bühne gehe, auch wenn nur zwei Tropfen kommen, und völlig egal, mit welcher Band ich spiele. Wahrscheinlich ist Bei Pain macht Tägtgren zwar das meiste allein, komplett wird die Band aber erst durch seinem Sohn Sebastian Tägtgren (Schlagzeug), Jonathan Olsson (Bass) und Sebastian Svalland (Gitarre) Der Musiker in seinem Abyss Studio, in dem er fast täglich Zeit verbringtdas meine einzige Routine. Was das Aufwärmen betrifft: Wir dehnen uns ein bisschen, und für Pain ist es gut, die Stimme aufzuwärmen, auch wenn ich nicht (trällert) „La la la la la“ von mir gebe. Stattdessen singe ich einfach bei einem Song, der gerade läuft, mit. Es geht nur darum, die Stimme ein bisschen vorzubereiten, damit der Gesang bei den ersten beiden Liedern nicht zu schlecht klingt. Mit „I Am“ habt ihr gerade ein neues Pain- Album herausgebracht, das erste seit 2016. Wie würdest du den Entstehungsprozess beschreiben? Wurden die Songs in einer kurzen Zeitspanne geschrieben oder zog sich das Ganze über längere Zeit? Peter Tägtgren: Es war ein längerer Prozess. Als ich mit dem Hypocrisy-Album fertig war – ich glaube, das war ursprünglich eine eher bluesige Nummer. Die habe ich ein bisschen aufgemotzt, und dann beide Songs veröffentlicht. Als ich im Anschluss darüber nachgedacht habe, was ich als Nächstes komponieren könnte, habe ich mir das letzte Pain- Album von Anfang bis Ende angehört und gedacht: „Oh, was für ein schläfrige Platte!“ Diese Erkenntnis inspirierte mich, sofort danach „Push The Pusher“ zu schreiben. Als es mit Hypocrisy dann losging, musste ich Pain erstmal zur Seite legen. Es gab eine Menge Hin und Her. Ich war zu der Zeit außerdem auch an Joe Lynn Turners Album zugange, weil ich versprochen hatte, ihm bei seiner Soloplatte zu helfen. Es passierten also viele Dinge gleichzeitig. Am Ende dauerte es von 2021 bis 2023 – also zwei Jahre mit Unterbrechungen. Manchmal gab es zwei Wochen, in denen ich das Gefühl hatte, es läuft wirklich gut. Aber dann, wenn man gerade richtig drin ist, muss man aufhören und sich um etwas anderes kümmern. So ist das manchmal. Ist es bei all dem Hin und Her schwierig, immer die passende kreative Richtung zu finden? Peter Tägtgren: Mir gefällt das eigentlich gut, weil ich so nicht in einer bestimmten Stimmung steckenbleibe. Hört man die Songs, merkt man auch, dass sie unterschiedlich klingen. Vielleicht ist es ja sogar ein Vorteil, sich von den Stücken, die man geschrieben hat, zu lösen und jedes Mal mit neuen Ideen loszulegen. Aber das ist reine Spekulation. Ich habe tatsächlich keine Ahnung, ob das so funktioniert. Bei mir passiert es einfach… Du bist großer David- Bowie-Fan. Hatte seine Musik einen Einfluss auf dieses Album? Peter Tägtgren: Nicht auf dieses, aber das vorherige, „Coming Home“, war sehr von ihm beeinflusst. Ich habe im November 2020 –, sagte das Management „Hey, du musst ein paar Pain-Songs veröffentlichen, bevor es mit Hypocrisy weitergeht! Sonst werden die Pain-Fans sauer, oder sie vergessen euch.“ Also habe ich „Party In My Head“ geschrieben. Zudem lag auch noch „Gimme Shelter“ herum, Tägtgren stand mit seinen Bands Pain und Hypocrisy schon häufiger auf den Bühnen des Wacken Open Airdamals versucht, meinen inneren Bowie einzubringen –mit akustischen Gitarren, Orchesterelementen und so weiter. Vielleicht klang es deshalb eher schläfrig. Im Prinzip versuche ich bei jedem neuen Album, zu experimentieren und neue Dinge zu finden. „Go With The Flow“ zum Beispiel klingt am Anfang auch nicht wirklich nach Pain. Ich versuche immer, größere Schritte in verschiedene Richtungen zu machen, weil ich denke, dass es sich am Ende mit meinen verzerrten Gitarren und meiner Stimme sowieso zu Pain zusammenfügen wird. Die Leute sind schon seit acht Alben daran gewöhnt, dass jede Platte anders klingt. Sie spiegeln einfach meinen Geisteszustand und Geschmack im Moment der Entstehung wider. Da du gerade schon „Go With The Flow“ und „Party In My Head“ erwähnt hast: Es gibt einige Songs auf „I Am“, die sehr aufmunternd und tanzbar klingen. Wie viel von dieser Energie kommt aus deiner eigenen Persönlichkeit? Peter Tägtgren: Naja, ich habe ADHS, und ich denke (hält inne und grinst), dadurch steckt eine Menge Energie in mir. Je älter man wird, desto mehr wandert die Energie „nach oben“: Man bewegt sich weniger, aber das Gehirn arbeitet umso schneller. Schätzt du das für das Arbeiten an neuer Musik? Peter Tägtgren: Naja, ich war 21, als vier verschiedene Menschen bei mir ADHS diagnostizierten. Meine Mutter wusste das schon in den Siebzigern, als ich noch ein Kind war. Mir selbst war damals klar, dass etwas nicht stimmte. Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass die meisten Künstler und Kreativen – egal ob in der Musik oder in der bildenden Kunst – alle ein paar Buchstabenkombinationen in sich tragen. Ich denke, das ist die einzige Möglichkeit, wie man diesen Job machen kann. Man ist der Job beziehungsweise wird zum Job, weil man so extrem drinsteckt. Ich kann mich wirklich wochenlang mit einem Instrument und einem Song beschäftigen. Ich bin dann so vertieft, dass die Zeit wie im Flug vergeht. Ich arbeite, schaue irgendwann auf und bin geschockt, dass plötzlich ein ganzer Monat rum ist. Aber so läuft das nun mal. Wäre es anders, würde ich jetzt wahrscheinlich irgendwo als Schweißer arbeiten, so wie meine Freunde aus der Heimat, die jetzt in Norwegen einen Haufen Geld verdienen. Aber mein Verstand und meine Seele haben mir gesagt, was ich zu tun habe. Also mache ich das auch. Und macht es dich glücklich? Peter Tägtgren: Das Schreiben von Musik ist eine Medaille mit zwei Seiten. Ich bin zu mir selbst sehr streng und versuche, mich ständig voranzutreiben. Die Arbeit wird für mich vor allem dann interessant, wenn ich erkennen kann, wie sich etwas weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass ich auf eine große Auswahl an Musik zurückblicken kann, die ausdrückt, was ich zu einer bestimmten Zeit dachte. Wie ein Tagebuch über 30 Jahre. Du hast bereits in einigen deiner Musikvideos mitgewirkt, wie etwa in dem für „Go With The Flow“ mit dem schwedischen Schauspieler Peter Stormare… Peter Tägtgren: Es ist immer ein faszinierendes Abenteuer, Videos zu drehen. Ich genieße das wirklich. Wir versuchen bei jedem Video, es ein bisschen anders als andere anzugehen, ein bisschen interessanter und mit einer Menge Humor, was mir sehr wichtig ist. Wenn Peter und ich zusammen Videos drehen, haben wir immer zwei Akustikgitarren in der Garderobe. Oft sitzen wir zusammen und spielen alte Beatles-Songs oder ähnliche Sachen. Wir reden Blödsinn und spielen Blues. Hast du jemals daran gedacht, einen anderen Karriereweg außerhalb der Musik einzuschlagen? Peter Tägtgren: Ich würde gerne beim Film mitspielen, aber ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ich müsste üben und lernen. Allerdings ist es auch sehr inspirierend, wenn man etwas lernen muss, um etwas tun zu können. Also ja, ich würde das gerne machen. Der Musiker beim Videodreh zu seinem Song „Go With The Flow“ Fotos: Agata Nigrovskaya, Irina Panova, Felix Zimmer, PromoNext >