< Previous„In Deutschland habe ich meine Freiheit gefunden“ Nach zwölf Jahren wird aus einem Fremden ein Freund. Mutterschaft und ein Schlaganfall fokussieren den Blick auf das Wesentliche. Dem eigenen künstlerischen Herzen zu folgen kostet und spendet gleichermaßen Kraft … Tarja Turunen hat sich gefunden – und meistert den Spagat zwischen den musikalischen Welten Klassik und Heavy Metal weiterhin mit Eleganz und Finesse. Im Sommer kehrt sie zum W:O:A zurück und bringt ihren früheren Nightwish- Kollegen Marco Hietala mit Tarja Turunen: ausgebildete Sopranistin und eine der ganz großen Stimmen im Heavy MetalVon Timon Menge echsmal stand die finnische Sopranis- tin Tarja Turunen bereits beim W:O:A auf der Büh- ne: dreimal mit Night- wish, dreimal als Solo- künstlerin. 2025 wird sie erneut den heiligen Acker beehren – und zwar gemein- sam mit Marco Hietala, der zu ihrer Nightwish-Zeit dort Bass gespielt hat. Tarja, von 2001 bis zu deinem Ausscheiden 2005 hast du mit Marco bei Nightwish auf der Bühne gestanden. Danach herrschte lange Funkstille, mittlerweile arbeitet ihr wieder sehr eng zusammen. Du sagst, dass du ihn ganz neu kennenlernen musstest. Was heißt das? Tarja Turunen: Marco und ich haben zwar in der gleichen Band gespielt, doch damals war er nicht der Mensch, der er heute ist. Zunächst einmal war er Alkoholiker. Heute lebt er komplett nüchtern und mir kommt es vor, als hätte ich eine völlig neue Person gefunden. Ich habe mich mit jemandem angefreundet, den ich zwar irgendwie kannte, aber eben nicht wirklich. Und das finde ich wunderbar. Wir sind heute auf eine Weise verbunden, die es vorher nicht gegeben hat. Wir haben sehr viel gemeinsam und fühlen uns beide frei und glücklich. Es freut mich so sehr, ihn jetzt als Freund bezeichnen zu können. Gab es nach deinem Ende bei Nightwish überhaupt noch Kontakt zwischen euch? Tarja: Es hat zwölf Jahre gedauert. Dann habe ich in Finnland an einem Weihnachtsprojekt namens Raskasta Joulua teilgenommen, das Marco mitgegründet hat. Ich wusste also, dass er dabei sein würde, denn in der Rock- und-Klassik-Welt gibt es nicht so viele Sänger. Vor unserem Wiedersehen war ich nervös und habe mich gefragt, wie es sein und ob er mich wohlwollend aufnehmen würde. Doch bei der gemeinsamen Probe fehlte er. Erst kurz vor dem Intro der Show tauchte er plötzlich backstage auf und klopfte an meine Tür. „Es tut mir so leid!“, sagte er und erzählte von Problemen mit dem Verkehr. Dann umarmte er mich mit den Worten: „Wir sehen uns auf der Bühne!“ Was habt ihr zusammen gesungen? Tarja: Schuberts „Ave Maria“ auf Finnisch –ein sehr zerbrechliches Lied. Und das nach all den Jahren! Im Publikum flossen Tränen, wir standen noch minutenlang auf der Bühne und umarmten uns. Da haben die Leute noch mehr geweint. Wir konnten danach noch ein paar dieser Shows spielen. Bei der letzten kam Marco hinter der Bühne zu mir und entschuldigte sich vor allen Mitarbeitenden für das unschöne Ende bei Nightwish. Diesmal kamen mir die Tränen. Aber danach habe ich erst mal nichts mehr von ihm gehört –bis letztes Jahr. Wir sollten beide auf einem Festival in der Schweiz spielen, also bat ich den Veranstalter, den Kontakt zwischen uns herzustellen. Ich wollte Marco fragen, ob er „Das Phantom der Oper“ mit mir singt. Er sagte sofort zu! Als wir uns schließlich vor Ort trafen, erzählte er mir von einem Song, den er geschrieben hatte und den er gern mit mir aufnehmen wollte. Dieses Lied war „Left On Mars“, unsere erste gemeinsame Single. Seitdem ist alles sehr schön. Seit deinem Ende bei Nightwish 2005 und bis zur Zusammenarbeit mit Marco warst du als Solokünstlerin aktiv und bist es auch weiterhin. Hat sich deine Arbeitsweise im Gegensatz zum Musizieren in einer Band dadurch verändert? Tarja: Es hat sich so ziemlich alles geändert. (lacht) Ich mache als Solokünstlerin alles allein, was hart sein kann, weil ich mich um alles kümmern muss. Es geht wirklich alles durch meine Hände. Die Zeit ist dabei mein größter Feind, denn ich versuche, auch in der klassischen Musik aktiv zu bleiben und weitere Projekte aufrechtzuerhalten, weil sie mir genauso wichtig sind wie meine Rockkarriere. Ich mache vieles gleichzeitig, aber ich liebe die Vielfalt und die Abwechslung bei meiner Arbeit. Das motiviert mich und hält mich auf Trab. Was die Musik betrifft, habe ich nun die Freiheit, mich in meiner Kunst auszudrücken. Ging das bei Nightwish nicht? Tarja: Wenn man in einer Band singt, schreibt man seine Texte nicht unbedingt selbst. Ich konnte bei Nightwish die „ , , .“ Gemeinsam mit ihrem Ex-Nightwish- Kollegen Marco Hietala kommt sie 2025 auf den Holy GroundSongs interpretieren und ihnen meine Stimme geben, aber sie waren nicht meine Schöpfung. Das läuft jetzt anders. Am Anfang erwies sich das als sehr nervenaufreibend, weil ich noch nicht wusste, dass auch das in mir steckt. Doch nach all den Jahren empfinde ich es als eine unheimliche Freiheit –die natürlich auch Schwierigkeiten mit sich bringt: Ich muss Termine einhalten und Projekte loslassen können. Ich bin viel unterwegs, aber eben auch Mutter. Manchmal fordert es ganz schön, das Familienleben mit dem Dasein als tourende Musikerin zu verbinden. Erinnerst du dich noch daran, wie es war, zum ersten Mal ohne Nightwish auf der Bühne zu stehen? Tarja: Meine erste Soloshow fand in Berlin statt, nachdem mir für mein erstes Album „My Winter Storm“ in Deutschland eine Goldene Schallplatte verliehen worden war. Die Unterstützung aus Deutschland war unglaublich und verrückt. Ihr habt mich sozusagen von Beginn an adoptiert! So wurde auch das erste Konzert überwältigend schön. Als Perfektionistin plagten mich vorher natürlich Selbstzweifel und die Sorge, ob überhaupt jemand kommen würde. Aber die Leute kamen … Kannst du beschreiben, wie sich dein erster Auftritt beim W:O:A im Jahr 2000 anfühlte? Tarja: Das war sehr aufregend für mich! Und ich finde es heute noch genauso aufregend, in Wacken zu spielen, auch weil ich es als Privileg und Ehre empfinde. Damals hatten wir mit Nightwish noch gar nicht so viel Tourerfahrung. Vor dieser großen Menschenmenge zu spielen flößte uns Respekt ein und machte mich ziemlich nervös. Doch das Publikum empfing uns mit so viel Liebe – obwohl die Leute wussten, dass ich nicht in erster Linie ein Metalhead bin. Das hat den Empfang in gewisser Weise noch herzlicher gemacht. Es war toll! Wo liegt deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen der Tarja von früher und der Tarja von heute? Tarja: Ich bin jetzt Mutter und das hat mich sehr verändert. Außerdem habe ich an unterschiedlichen Orten gelebt. Von 2001 an habe ich in Deutschland studiert und dort einige der schönsten Jahre meines Lebens verbracht. Das Studium, die Unabhängigkeit und das Leben in einem anderen Land hatten einen großen Einfluss auf mich. Dabei sind viele Freundschaften entstanden, die teilweise heute noch bestehen. Und ich habe in Deutschland meine Freiheit gefunden, denn dort wurde ich nie dafür verurteilt, dass ich mich zwischen klassischer Musik und Metal nie entscheiden wollte. Danach ging es zurück nach Finnland, später habe ich fast zehn Jahre in Buenos Aires in Argentinien gelebt. Mittlerweile liegt mein Lebensmittelpunkt in Spanien, acht Jahre schon. Mein Zuhause ist dort, wo mein Herz ist. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass ich natürlich stärker bin als früher. Die Unschuld ist weg, ich lasse mich von anderen auch nicht mehr einschüchtern. Einschüchtern? Tarja: Ich habe große Probleme damit, zu sensibel zu sein und mir zu viele Sorgen zu machen. Das wird immer ein Teil von mir sein. Aber durch Therapien und vieles andere lerne ich dazu. Mir ist klar geworden, wie wichtig es ist, sich selbst zu verstehen. In meinen Liedern kann ich über alles schreiben, was mich bedrückt und was mich glücklich macht. Alles, was ich sehen kann, lasse ich in meine Kunst einfließen und das befreit mich. Und durch meine Kunst können andere dasselbe erfahren. Bei meinen Shows treffe ich so viele Leute, die mir von ihren „ “ Die Sängerin liebt es, Klassik und Metal zu vereinenObwohl solche Dinge passieren, fallen wir schon bald in unsere alten Routinen zurück. Ich versuche, das zu vermeiden. Ich habe gelernt, „Nein“ zu sagen, mir Zeit für mich und meine Familie zu nehmen. Meine Tochter bedeutet mir alles. Ich muss auf mich selbst hören und kann um Hilfe bitten, wenn ich das Gefühl habe, dass ich sie brauche. Du arbeitest gerade an einem neuen Album. Was kannst du uns darüber erzählen? Tarja: Wir versuchen, ein Duett zwischen Marco und mir auf die Platte zu bekommen. Bei den Aufnahmen zu „Left On Mars“ habe ich Marco damals erklärt, dass er mir einen Song schuldet. Jetzt fragt er mich immer, ob ich was fertig habe. (lacht) Aber ich bin gerade dabei, Material zu schreiben und Ideen zu sammeln. Denkst du, dass deine Zusammenarbeit mit Marco länger andauern wird oder seht ihr das Ganze eher als kurz- fristiges Projekt? Tarja: Wir buchen bereits Shows für 2026, einige davon in Europa. Es wird also viele Konzerte geben. Wir arbeiten gerne zusammen. Was können wir von deinem Auftritt beim W:O:A 2025 erwarten? Tarja: Marco wird natürlich dabei sein und wir werden ein ganz besonderes Set für euch spielen. Es wird ein riesiger Spaß, wie immer! Ihr könnt euch auf ein großes Lächeln freuen und auf glückliche Zeiten und viel Kraft. Ich denke, das wird eine Achterbahn der Gefühle. Problemen erzählen. Selbst wenn sie nicht unbedingt mit meinen vergleichbar sind, zeigt es, dass wir alle mit irgendwas zu kämpfen haben. Und Musik gibt es, um uns dabei zu helfen, Emotionen zu spüren und schlechte Gefühle loszuwerden. Sie ist wie eine Therapie. Das war Musik für mich immer und dadurch bin ich gewachsen. Aber ich bin immer noch dieselbe Person, derselbe wahnsinnige, verrückte Mensch! 2018 hattest du einen Schlaganfall. Was hat sich seitdem in deinem Leben verändert? Tarja: Früher war es nur Gerede, wenn ich gesagt habe, dass man jeden Moment erleben und ihn so gut wie möglich gestalten sollte. Aber nach meinem Schlaganfall wurde mir sehr deutlich klar, dass ich mir einige Fragen stellen musste: Bin ich wirklich glücklich? Mache ich das Beste aus meinem Leben? Leider müssen wir manchmal erst Schwierigkeiten überstehen, bevor wir endlich anfangen, für unsere Träume und unser Glück zu kämpfen. Und das menschliche Gedächtnis vergisst mitunter ziemlich schnell: „ , “ Seit einem Schlaganfall 2018 lebt Tarja Turunen viel bewusster und achtet darauf, nicht den Fokus für die ihr wichtigen Dinge zu verlieren Fotos: Promo, WOAPeter „Peavy“ Wagner gehört mit Rage seit Jahrzehnten zur Basis der deutschen Heavy- Metal-Szene. In Wacken zählt die Band zu den Stammgästen, spielte zuletzt im Sommer auf der Hauptbühne. Nun erscheint Peavys Autobiografie „Soundchaser“, samt Vorwort von Holger Hübner. Darin berichtet der Sänger und Bassist von seiner zweiten Leidenschaft neben harten Riffs: Peavy sammelt und präpariert Knochen Von Andrea Leim ast hätte es Rage nicht gegeben – oder zumindest nicht so lange und nicht so erfolgreich. Denn beinahe hätte sich Bandchef Peter „Peavy“ Wag- ner gegen die Musik und für die zweite große Leidenschaft in seinem Leben entschieden. Doch dank beherzter Wor- te seiner Ausbilderin wählte der Sänger und Bassist letzt- lich doch den richtigen Weg, nämlich den, in dem deutlich mehr Leben steckte. Im Interview erzählt er uns, warum ihn schon von Kindesbeinen an Knochen so Knochen sind die zweite große Leidenschaft von Rage-Frontmann Peavy Seine Biografie „Soundchaser“ hat Peavy Wagner mit Journalist und The-Bullhead-Redakteur Timon Menge geschrieben. Sie erscheint am 6. Dezember bei SPVbegeistern und wie er seinem Hobby heute noch nachgeht. Peavy, du bist mit einem sehr strengen Vater aufgewachsen. Doch ein Thema hat euch beide besonders verbunden… Peavy: Genau. Mein Vater war Naturwissenschaftler und Lehrer. Er erklärte auch uns Kindern oft Dinge, was bei mir auf großes Interesse stieß. Daran habe ich sehr gute Erinnerungen. Insbesondere hat er Kleintiere für den Unterricht präpariert und mir alles dazu gezeigt. Ich fand das faszinierend. Eine wichtige Rolle spielte ein toter Igel, den du als kleines Kind gefunden hast. Peavy: Ich habe ihn mit einem Stock in unseren Garten geschoben und in der Sandkiste eingebuddelt, weil ich von meinem Vater wusste, dass nach einiger Zeit in der Erde nur Knochen übrig bleiben. Meine Geschwister fanden das natürlich gar nicht so toll. Später gab mein Vater mir dann ein Buch, in dem erklärt wurde, wie Präparieren überhaupt geht. Die notwendigen Chemikalien hat er mir aus der Schule mitgebracht. Und wie bist du als Schüler an die Tiere gekommen? Peavy: Ich habe zum Beispiel unseren Metzger gefragt, ob er mir Teile überlassen könnte, die er nicht nutzt. Andere Kinder bekommen an der Theke eine Scheibe Fleischwurst, für mich gab es mit Glück einen Kaninchenkopf. Außerdem hat sich mein Interesse in der Verwandtschaft rumgesprochen und so haben meine Onkel und Tanten mir an Weihnachten Peavy mit Rage im Sommer auf der Hauptbühne Seit seiner Kindheit interessiert sich Peavy Wagner für das Präparieren, kam mit seinem Hobby sogar in die Jugendzeitschrift Treff Ein Rehkitz zwischen Replikaten von Urmenschenschädeln Das Replikat des Schädels eines Eisbären hat Peavy erstellteben auch mal einen Schafskopf unter den Baum gelegt. Worum ging es dir bei dem Hobby? Peavy: Ich hatte ein rein wissenschaftliches Interesse. Mich haben die Skelette und alles, was man aus ihnen lernen kann, fasziniert. Das gilt auch heute noch. Wie unterscheidet sich das menschliche Skelett denn zum Beispiel von dem einer Katze? Peavy: Im Grunde ist der Bauplan aller Wirbeltiere gleich. Natürlich variiert die Anzahl der Knochen, doch das tut sie ja sogar bei Menschen, je nachdem, wie alt sie sind. So haben Kinder noch viel mehr Knochen als Erwachsene. Zudem unterscheiden sich Lebewesen im Knochenbau aufgrund von Lebensraumanpassungen. Einige haben Flossen entwickelt, andere einen langen Schwanz. Grundsätzlich lassen sich alle Wirbeltiere aber eben gut miteinander vergleichen, was ich sehr spannend finde. Mit deinen Präparaten bist du als Teenie sogar in einem Jugendmagazin gelandet. Wie kam es dazu? Peavy: Die Zeitschrift hieß Treff und richtete sich an Kinder und Jugendliche. In jeder Ausgabe stellte ein Kind sein Hobby vor. Ich glaube, mein Bruder meinte damals, dass ich mal hinschreiben solle mit meinem außergewöhnlichen Hobby. Die Redaktion rief daraufhin auch an, interviewte mich und wollte ein Foto haben. Das ist dann auch im Blatt gelandet. Wie kam deine Freizeit- beschäftigung bei deinen Freunden an? Peavy: Damals wie heute ruft sie unterschiedliche Reaktionen hervor. Einige sind total interessiert und wollen alles wissen, bei anderen erzeugt es eher Ekel. Früher gab es ein Mädchen in unserer Nachbarschaft, das lief immer schreiend weg. Eigentlich erkennt aber jeder, der sich etwas mehr damit beschäftigt, ganz schnell, dass da nichts Ekeliges dran ist. Nach der Schule hast du in Bochum eine Ausbildung zum Präparator begonnen. Peavy: Das passierte etwa zu der Zeit, als es mit Rage richtig losging. Wir hatten gerade unser erstes Album rausgebracht und bekamen die Möglichkeit, mit Destruction und Kreator zu touren. Ich steckte in der Zwickmühle, denn neben der Ausbildung an der Präparatorenschule in Bochum arbeitete ich bereits in der Werkstatt der renommierten Präparatorin Ute Ledebur. Und auf die Zusage für meinen Ausbildungsplatz hatte ich eine ganze Weile warten müssen. Die Entscheidung, das für die Musik aufzugeben, war sehr schwer. Hattest du schlaflose Nächte? Peavy: Auf jeden Fall. Auch weil ich wusste, dass mein Vater total ausflippen würde, wenn ich hinschmeiße. Aber Ute Ledebur sagte irgendwann zu mir: „Mach die Tour! An der Schule kannst du dich auch noch mal bewerben und die Ausbildung später beenden. Aber die Chance, mit der Musik was zu erreichen, die kriegst du nicht noch mal.“ Die Musik wurde bekanntlich zu deinem Lebenswerk. Allerdings bist du dem Präparieren ebenso treu geblieben. „ “ In seinen Händen hält er die Silikonform eines WombatschädelsPeavy: Meine ganze Freizeit stecke ich in mein Hobby. Ich bin sehr gut mit einer kleinen, aber feinen Community vernetzt und stehe im Austausch mit anderen Interessierten, mit Experten und Wissenschaftlern. Und ich präpariere auch immer noch. Was genau machst du für Arbeiten und für wen? Peavy: Größtenteils ist es mein Hobby, ich mache das für mich selbst. Aber ich habe viele Jahre mit besagter Ute zusammengearbeitet, mit der ich auch einige Jahre privat liiert war. Sie war ausbildende Lehrerin an der Fachhochschule in Bochum und kannte natürlich viele Leute aus der Präparatoren- und der Wissenschaftsszene. Mit ihr oder für sie habe ich nebenberuflich Aufträge angenommen, habe zum Beispiel Skelettmontagen und Abgüsse erstellt. Ein besonderes Exponat brachte dich sogar ins Fernsehen… Peavy: Ich habe lange mit einem Anthropologen zusammengearbeitet, der das Anthropologische Institut an der Universität Tübingen leitete. Der beschäftigte sich viel mit fossilen Knochen von Urmenschen, die ich für ihn durch Abgusstechnik replizieren durfte. Irgendwann ging es um das Skelett eines 3,2 Millionen Jahre alten Vormenschen, der Lucy genannt wurde. Die Knochen wurden Anfang der Siebziger in Äthiopien gefunden, doch es fehlten ganz viele. Ich habe die fehlenden Teile nachmodelliert und daraus ist eine richtige Komplett- rekonstruktion geworden, die irgendwann auch Teil der ZDF- Sendung „Terra X“ war. Läuft bei dir während der Rekonstruktion oder Präparation von Knochen im Hintergrund Heavy Metal oder ist es ganz still? Peavy: Ich arbeite gerne alleine und in Ruhe und finde das fast schon meditativ. Ich habe das große Glück, in Herne ein relativ großes Haus zu besitzen, in dem ich eine Werkstatt eingerichtet habe. Eine klassische Skelettmontage dauert schon ein paar Monate, weil da natürlich sehr viel Arbeit drinsteckt. Kann man deine Exponate irgendwo sehen? Peavy: Früher kamen oft Anfragen von Zoos aus dem Ruhrgebiet, wenn dort ein Tier verendet war. Für die Zooschule in Gelsenkirchen habe ich zum Beispiel mal einen Orang- Utan präpariert, der dort auch Besuchergruppen gezeigt wird. Für den Duisburger Zoo habe ich den Abguss eines halben Tigerschädels erstellt, der in einem Schaukasten am Tigergehege angebracht ist. Die Besucher können ihn anfassen und spüren, wie sich zum Beispiel die Zähne des Tieres anfühlen. Wie viele Exponate gehören zu deiner Sammlung und welches ist das größte? Peavy: Das kann ich gar nicht genau sagen. Es sind Tausende, denn ich sammele ja quasi, seit ich vier Jahre alt bin. Das größte, was ich hier habe, ist ein Elchskelett von einem achtjährigen Elchbullen. Der hat eine Höhe von etwa drei Metern und reicht genau bis unter die Decke. „ , “ Ein rekonstruierter Menschenschädel aus dem 7. Jahrhundert. Die Verletzung stammt von einem Schwerthieb Auftragsarbeit für den Gelsenkirchener Zoo: das Skelett eines Orang-Utans Mit dem komplett rekonstruierten Skelett des Vormenschen Lucy landete Peavy sogar in der ZDF-Sendung „Terra X“ Fotos: Privat, WOANext >